„Wenn du mich noch einmal anpackst, baumelt gleich ein loser Ärmel an deiner Kutte!“ brüllte Livven demjenigen entgegen, dem die Tritte gegolten hatten, auch, wenn sie ihn nur noch durch den letzten Spalt der sich schließenden Tavernenhintertür sehen konnte. Und dann richtete sich, völlig Übergangslos, ihr Zorn gegen denjenigen, wegen dem das ganze aus dem Ruder gelaufen war. „Dieser ... Bärheim .. dieser ... aaarg! Ich wette, bei seiner Geburt wusste die Amme nicht, wo sie draufschlagen sollte - der ganze Kerl ein Arsch! Der kann morgen mit gebrochenen Fingern seine Zähne aufheben, wenn ich den zu fassen bekomm!!!“ Sie trat vor einen Eimer, der scheppernd im Dunkel der Gasse verschwand, während sie nur aus dem Augenwinkel mitbekam, wie Asunder einem Wachmann, dem ihr überstürzter Aufbruch nicht entgangen war, die Lage in erstaunlich ruhigen Worten schilderte.
Nein, sie waren selbst erschrocken über das, was da plötzlich geschehen war. Und ja, selbstverständlich wäre alles in Ordnung. Aber da waren diese zwei Männer, die auch heute Nachmittag schon bei den Unruhen im Palast gesehen worden waren. Ja, die von der Bruderschaft des Lichts. Worte wie Aufwiegelungsversuch, Misstrauen, Größenwahn und große Besorgnis fielen. Am Ende klopfte Asunder der Wache ermutigend und freundlich auf die Schulter. Herrn Rafael erwähnte sie nicht.
Pfff, Herr Rafael! Sie schüttelte ihre zerzausten Haare und trat verächtlich nach dem Stück Brot, dass daraus auf den Boden und in eine Pfütze fiel. Dann stapfte sie in Richtung Palast, wissend, dass die anderen entweder folgen oder sich eine andere Taverne suchen würden. Für sie war der Abend erst einmal gelaufen, so wohl, wie sie nach Linseneintopf duftete...
Erst auf dem Burghof angekommen, immer noch, wenn auch leiser, schimpfend, hielt sie inne und blickte zu ihren Begleitern zurück, die sichtlich amüsiert aussahen. Sie wollte gerade Luft holen, als ihr Blick an etwas, nein, jemand anderem hängen blieb.
Die zwei Männer aus der Taverne, aus dem Palast. Und das war der Zufälle an diesem Abend zuviel.
Doch bevor sie etwas sagen konnte, kam Kael ihr zuvor.
„Na, schau mal an. Was fürn Zufall. Die beiden schon wieder. Wollten wohl doch dem Bären ans Fell, hm?“
Er sprach so laut, dass auch die Wachen am Tor den Blick zu ihnen wandten. „Oder welchen Grund habt Ihr, anständigen Leuten zu nachtschlafender Zeit nachzustellen? Leibwächter seid ihr sicher nicht, sonst hätte der Mann jetzt kein blaues Auge!“ Er lachte, doch hatte, genau wie Asunder, die Hand auf dem Griff seiner Waffe.
[ot: Larsi, wie gewünscht, mitgeschlörrt ^^]