Beiträge von Livven

    Yvonne und Anna
    1 Saharazelt 4m (5x5 inkl. Abspannung) - 1 kleine Bierzeltgarnitur - ein Hochlehner


    Sturmfalken


    2 Sahara 3m (4x4 inkl. Abspannungen)
    1 Sahara 4m (5x5 Inkl. Abspannungen)
    1 Kokomo 4mx3m (5x4 inkl. Abspannungen)
    evtl. ein weiteres 4m Sahara (5x5 inkl. Abspannungen)



    1 kleine BZG, 1 Standard BZG, 1 Sitztruhe, 2 Dreibein-Grills, 1 Dreibein + 14l Topf (evtl. noch Steckstühle)

    Ich finde schon dass jeder für sich selber entscheiden sollte, ob er mitisst oder nicht. Denn wie gesagt, für uns lohnt sich das warme Essen einfach nicht und wir sind super damit gefahren uns was in der Stadt zu holen.


    @Tina: Beim Frühstück wurden wir uns allerdings gerne einklinken :)

    Kühle Luft zog in den erhitzten Raum als die junge Frau das Fenster zu ihrer Dachkammer öffnete und den Nachtwind herein ließ. Ihre dunklen Locken wippten, während ihr Blick nach draußen wanderte, wo das Dorf unter ihr ruhig schlief. In keinem Fenster brannte mehr Licht und auch die Geräusche aus der Taverne waren längst verstummt. Auch ihre nackten Füsse machten keinerlei Geräusch als Livven zurück zum Bett schritt und nach der Schriftrolle griff, die auf ihrem Nachttisch lag. Im Schneidersitz hockend öffnete sie vorsichtig das Siegel und begann interessiert jedes Wort zu verinnerlichen. Sie hatte immerhin nicht viel Zeit. Und nach Lethans abenteuerlichen Erzählungen musste sie nutzen was auch immer möglich war.


    Am Ende des Briefes schmunzelte sie und warf das Pergament zur Seite, wo es raschelnd auf Lokirs Rücken zu liegen kam. Dieser drehte träge den Kopf.


    „Und, was schreibt dieser Bärheim so unglaublich Wichtiges?“ Der Brief verrutschte und er drehte sich nun ganz zu Livven herum. Seine Augen glitzerten neckend, während seine Finger über ihr Knie wanderten. „Ist es wert sich Ärger mit meiner Schwester einzuhandeln?“ Die Dunkelhaarige lachte leise. „Die richtige Information ist so einiges wert.“


    „Und ist eine dabei?“ Sie zuckte nur geheimnisvoll mit den nackten Schultern, ließ sich dann zurück in die Laken fallen. „Sie wird dir den Kopf abbeissen.“ Er strich ihr eine widerspenstige Haarsträhne aus der Stirn. „Und das wäre schade.“ Das ließ sie erneut hell lachen. „Solange du schweigst wird sie Lethan die Schuld geben. Der Arme redet eh schon wirr, ihm ist gerade alles zuzutrauen.“ Ihre Stimme klang sarkastisch. „Hmmm.“ Lokir verzog die Mundwinkel. „Auch schade um seinen Kopf. Er ist brauchbar.“


    „Scheinbar auch für Bärheim. Das wird Asunder sich nicht nehmen lassen.“ „Sie ist unberechenbar.“ „Aber nicht dumm.“ Dies ließ ihn langsam nicken. „Dein Wort in Seinen Ohren.“


    Ihren kleinen Gewinn auskostend suchte sie wieder die Wärme einer nackten Seite. Ihre Finger begannen unsichtbare Muster auf seine Haut zu malen und er erschauderte, ließ sie allerdings gewähren. Zögerlich schloss er dabei die Augen und nickte schließlich nur als Liv sprach: „Lass uns morgen gemeinsam in den Wald gehen, ja?“

    Und ich ritz einfach überall meine kleine Krake ins Holz *hihi*


    Nee, wenn mein Dad wieder da ist, setzen wir uns auch dran!

    The Hanging Tree


    Conlin hastete die Straße herunter. Sein Köcher schlug ihm seitlich gegen den Oberschenkel, und die beiden Hasen an seinem Gürtel, die ihm zu ihrem eigenen Unglück über den Weg gelaufen waren, wippten bedauernswert mit den Ohren. Es war schon spät, viel zu spät eigentlich, und wenn er sich nicht sputete, würde sein Vater dafür sorgen, dass seine Ohren bald genau so lang waren wie die Löffel ihres Abendessens.
    Als er sich der Kreuzung näherte, die fast ganz im Schatten des uralten Amberbaums lag, konnte er in der Dämmerung zwei Gestalten ausmachen, die scheinbar die an den knorrigen Stamm geschlagenen Nachrichten studierten. Er kniff die Augen zusammen. Kaum jemand aus dem Dorf würde um dies Zeit noch außerhalb der Palisaden unterwegs sein – und wie Soldaten sahen die beiden nicht aus. Vielleicht Wanderer auf dem Weg nach Neu Karan, denen nicht klar war, dass der Finsterwald nach Sonnenuntergang seinen Namen nicht nur der Dunkelheit zwischen den hohen Stämmen verdankte. Da war es doch seine Pflicht, ihnen zumindest anzubieten, sich für die Nacht im Gasthof einzuquartieren.
    'Oder zumindest in irgendeiner Scheune', dachte er, während er sich den beiden näherte, 'Die sehen nicht so aus, als könnten die sich ein Bett leisten.'
    Gerade als er sich räuspern wollte, um die Fremden nicht über die Maßen zu erschrecken, hörte er das Geräusch von reißendem Pergament.
    „Hast du den Wisch?“ „Ja, und nimm auch das da, da is auf jedn Fall auch n roter Vogl drunter, siehste Hajo?“ „Ich steck beides ein, wir verbrennens nachher. Wir werden dieser Schlampe schon zeigen, wer hier das Sagen hat! Das Miststück wird ganz schön dumm gucken, wenn sie sieht, wie weit der Arm des Lichts noch reicht!“


    Conlin erstarrte mitten in der Bewegung. Konnte das tatsächlich sein? Seine Gedanken überschlugen sich. Ob er sich einfach umdrehen und davonlaufen sollte? Schnell ins Dorf zu seinem Vater und den Wachen und-
    nein. Nein!


    „Seid gegrüßt, Wanderer!“ hörte er sich sagen, bevor er es selbst realisierte, „Was führt Euch so spät noch hier heraus?“ Für einen Moment dachte er, die Fremden würden direkt zu ihren Waffen greifen, doch die Hände blieben lediglich im Schatten ihrer Reiseumhänge verborgen, als sie sich zu ihm umwandten.
    „Ah, Junge“, erwiderte der eine, der sich Hajo nannte – ein blonder Bursche mit ungepflegtem Bart und wohl nur ein paar Sommer älter als Conlin selbst, „Wir sind nur auf der Durchreise. Sind unruhige Zeiten. Suchen einen neuen Platz zum Siedeln und dachten ...“ Er hob die Schultern und grinste. „Ich bin Schweinebauer. Das ist Wilfried. Ers Schneider. Seine Mutter hat die schönsten Gewänder in ganz Valensdorf gemacht. Fürn Herrn von Dunkelsee und so.“
    „Schneiderin?“ fragte Conlin und seine Augen huschten zwischen den beiden hin und her, „Meine Mutter war auch Schneiderin.“
    „Was fürn Zufall! Für wen schneidert sie denn hier draußen?“ lachte Hajo, doch seine Augen straften die Freundlichkeit seiner Worte Lügen, während er einen Schritt auf Conlin zutrat, der behände zurückwich, einen Pfeil auf der gespannten Sehne seines Bogens.
    „Für die Toten. Sie starb vor fast zwei Jahren, als ehrlose 'Schneider' und 'Schweinebauern' lieber beteten und ihr eigenes Leben retteten, als das zu verteidigen, was in ihre Hände gelegt worden war.“


    Hajo hob beschwichtigend die Hände, während Conlin aus dem Augenwinkel das Aufblitzen von geschärftem Stahl wahrnahm. Das würde kein gutes Ende nehmen. . .
    „Du verstehst das nicht, Junge, es war ganz anders.“
    „Erzähl das meiner Mutter“, fauchte er, „Und Dorelle! Und unserem Schmied! Und all denen, die alles verloren haben! Erzähl es dem Phönix. Ja – erzähl es dem Phönix.“


    ***


    „Wie geht’s ihm?“ Larkins Stimme von der anderen Seite des Baumes, an dem sie mit dem Rücken lehnte, ließ sie von den Blumen in ihrem Schoß aufblicken. „Hm?“ „Wies ihm geht, hab ich gefragt. Conlin.“ Er steckte den Kopf um den Stamm herum, eine Rolle Pergament unter dem Arm, Hammer und Nägel in den Händen. „Er hat Glück, dass er so schnell laufen kann. Wer weiß, was passiert wär, wenn diese Leute ihn erwischt hätten...“ Sie schauderte und er ließ sich neben ihr nieder, rutschte zwischen den großen Wurzeln hin und her, bis er halbwegs bequem saß und schlug die Beine unter.
    „Ich weiß, was du getan hättest, wenn du hier draußen gewesen wärst“, sagte er und knuffte sie mit dem Ellbogen.
    Wieder hob sie den Blick, den halbfertigen Kranz aus roten Lichtnelken zwischen den Fingern. „Was denn?“ fragte sie, und es lag mehr Herausforderung in ihrer Stimme, als sie beabsichtigt hatte.
    Er lachte. Er kannte ihren Zorn. Und anders als sie erwartet hatte, verurteilte er sie nicht dafür. Er verstand, dass es genau diese Wut, dieses Feuer gewesen war, dem sie ihr Leben verdankte, als sie damals um ihr Leben gelaufen war – damals... Dieses Feuer, dass immer dann in ihr brannte, wenn sie an ihre Schwester dachte. An ihre Mutter, die bis zuletzt versucht hatte, ihre Mädchen zu beschützen – auch, wenn die einzige Waffe, die sie dafür hatte führen können eine ihrer hölzernen Stricknadeln gewesen war. Aber sie hatte wenigstens gekämpft. Sie war zurück gekommen, als ihr Haus bereits brannte...


    „Dorelle, deine Blumen.“
    Larkins Hand schwebte kurz über ihrer und sie betrachtete die eingeknickten Blütenblätter. „Ich machs neu“, lächelte sie, „Häng du lieber das Zeug auf, sonst bekommst du noch Ärger.“ Er seufzte und raffte sich, umständlicher als nötig, wieder auf und schon kurz darauf hörte sie dumpfe Hammerschläge und sein leises Fluchen.
    Sie beugte sich vor, griff nach weiteren Blüten, die sie in ihrer von Mehlstaub weißen Schürze neben sich ins Gras gelegt hatte, um sie zu den anderen zu flechten.
    „Are you, are you
    coming to the tree?
    They strung up the men
    who fled dishonestly.


    Strange things have happenden here
    no stranger would it be
    if we met at midnight
    in the hanging tree.


    Are you, are you
    coming to the tree
    where a dead man called out
    for his brothers to flee?


    Strange things have happenden here
    no stranger would it be
    if we met at midnight
    in the hanging tree.“


    „Ich mags, wenn du singst.“ Larkin riss sie aus ihren Gedanken.
    „Ach Quatsch!“
    „Doch“, entgegnete er, die Schulter an den Baum gelehnt, und blickte zu ihr herunter, „Ich wollte dich nicht stören . . . Ich bin fertig. Wollen wir nach Haus?“
    Er reichte ihr die Hand und zog sie auf die Füße. „Vergiss deine Schürze nicht.“ Sie klopfte sich das Gras vom Rockboden und nickte. „Geh schon kurz vor, ja?“ „Bist du sicher?“ „Ich komm doch sofort. Ich hol dich eh ein!“
    Er zuckte mit den Schultern und schlenderte durchs Gras zurück zum Dorf.


    Dorelle wartete, bis er die Kreuzung erreicht hatte, dann trat sie um den Baum herum. Pergament raschelte im Wind und von verblassenden Siegeln starrten ihr furchteinflößende Wappentiere entgegen. Löwen, Falken, Greife.
    „Hilf mir, Kleines!“ Die Stimme neben ihr war kaum mehr als ein brüchiges Flüstern. „Wenn du mich gehen lässt, dann-“
    Ihre hellen Augen ruhten auf dem Mann, der, an den Füßen aufgehangen, von einem der unteren Äste baumelte – die Hände gerade so über dem Boden, dass er weder diesen noch den Baum selbst erreichen konnte, die Wunde am Knie, aus der noch ein abgebrochener Pfeilschaft ragte, nur notdürftig versorgt.
    Sie musterte ihn, überlegte, ob sie ihn kannte. Doch am Ende spielte auch das keine Rolle.
    „Komm schon. Hab ein Herz!“
    Sie nahm den Blumenkranz, streckte sich und warf ihn über den Rest von Conlins Pfeil, bevor sie schnell zurückwich.
    „Was tust du da? Du … du kannst doch jetzt nicht einfach gehn! Bleib hier du kleines Dreckstück und mach mich gefälligst los!“
    Sie schüttelte den Kopf und lächelte, bevor sie sich abwandte und ihrem Freund folgte, der am Tor stehen geblieben war und auf sie wartete.


    „If you're, if you're
    coming to the tree
    you'll wear a neclace of rope
    and pay the lions fee.


    Strange things have happenden here
    no stranger would it be
    if we met at midnight
    in the hanging tree.


    When you're, when you're
    coming to the tree
    we'll let the phoenix judge
    and justice we will see...“

    „Aber ich mag es hier einfach nicht!“ Larkins Blick war trotzig, während er mit den Zehen Grashalme aus der Wiese außerhalb der Dorfmauern riss, in der er mit Livven saß und das heute mal sonnige Wetter genoss.
    „Das weiß ich“, Livven nickte und stupste ihn aufmunternd ans Knie. „Du weißt, es geht mir ähnlich. All diese Bäume. Diese Enge...“ Sie erschauderte sichtlich, als sie an die Weite des Meeres dachte, die auch für Larkin die meiste Zeit seines Lebens sein Zuhause gewesen war. Wild und frei. Ohne Regeln. Und nun saßen sie in Finsterwalde...
    Fast synchron seufzten sie.


    „Aber es wird besser, glaub mir. Deine Mutter tut alles dafür.“ Er seufzte wieder, weil er wusste, dass sie Recht hatte, aber sein kindlicher Trotz schwerer wog. „Und sie würde sich freuen, wenn du etwas mehr Interesse an ihrer Arbeit zeigen würdest. Sie-“ Er unterbrach die Ältere. „Jaja... aber es ist langweilig! Politik ist was für-“ „Sag das nicht!“ Nun lag es an ihr, ihn zu unterbrechen und für einen Moment wurde ihr heller Blick streng. „Aber Vater sagt-“ „Ja, und er ist schau genug es niemals in ihrer Gegenwart zu sagen. Also folg seinem Beispiel und sei ihr, im Gegensatz zu ihm, eine Hilfe.“ Larkin murrte leise, während er Livvens Blick nicht mehr standhalten konnte und wieder das Gras seinen Zehen zum Opfer fiel.
    Livven schmunzelte und überließ ihn seinen Gedanken. Larkin war ein guter Junge, er würde, mit eben etwas ihrer Hilfe, schon das Richtige tun.


    Aus dem Augenwinkel erregte eine Bewegung ihre Aufmerksamkeit und als sie das Mädchen des Müllers scheu zu ihnen herüberwinken sah, musste sie lachen. „Na so schlimm kanns ja dann doch nicht sein.“ Larkin errötete, als er seinen Blick hob. „Sie... ich...“ „Kein Grund zu stammeln. Geh schon hin!“ Unsicher erhob er sich. „Aber wir wollten doch...“ Liv winkte ab. „Wir sind hier am Ende der Welt eingesperrt, uns bleibt genug Zeit für die Arbeit. Also genieß den Nachmittag.“
    Und schon war er weg und an der Seite des Mädchens, dessen Kichern Livven bis zu sich hören konnte, während Larkin ihr kleines Weidenkörbchen nahm und sie tuschelnd zusammen davon schlenderten. Eigenartig mit anzusehen, wenn sie bedachte, von wem er abstammte.


    Die Dunkelhaarige reckte sich und ließ sich nach hinten ins Gras fallen. Den Pony neckisch aus den Augen pustend, zwinkerte sie der Sonne entgegen. Vielleicht sollte auch sie sich einen schönen Nachmittag gönnen. Unbeschwert, so wie Larkin gerade wohl Blaubeeren mit der jungen Müllerin aß und an nichts Böses dachte. Naiv, sicherlich, aber auch so viel besser, als all das Theater, das täglich den kleinen Ort aufmischte.


    Livven streckte ihre Hand der Sonne entgegen, um die, für sie mittlerweile sich eingerostet und ungelenkt anfühlenden Finger zu bewegen. Folgte ihnen mit den Augen, als wären da Dinge, die nur sie sah, bis ein Schatten auf sie fiel. Augenblicklich verharrte Liv in ihrer Bewegung.


    Durch das viel zu helle Licht dauerte es, bis sich ihr Blick fokussierte und sie die blasse, ihr entgegen gestreckte Hand erkannte. Und das breite Schmunzeln dahinter, das allein so manche wilde Kreatur in die Flucht geschlagen hätte.
    „Daas haast du nycht kommän sähn. Eh?“
    „Was?“ fragte sie, während sie seine Hand ergriff und sich auf die Beine helfen ließ, „Das du dir die Mühe machst, die Sprache hier zu lernen? Oder dass du deinen knochigen Arsch selbst auf ein Schiff schwingst, um in diesen elendigen Wald zu gelangen?“
    Der andere, Lokir, neigte den Kopf auf die Seite und Livven seufzte, bevor sie zur vertrauten Sprache ihrer Heimat wechselte. „Scheinbar hab ich dich zu früh gelobt. Komm ich bring dich und...“ Ihr Blick ging die Strasse herunter, auf der in Reih und Glied Eisenwinters Soldaten sich dem kleinen Dorf näherten. „Dich und die deinen zu Asunder. Sie wird höchst erfreut sein euch zu sehen.“

    Müde rieb Livven sich über die roten und vom flackernden Licht der Kerzen überanstrengten Augen, während sie den letzten Brief von vielen, die sie heute verfasst hatte, versiegelte. Diesmal mit ihrem eigenen Zeichen und nicht dem des Hauses Eisenwinter. Ein Brief, der sie mehr angestrengt hatte, als sie es sich selber eingestehen wollte. Vielleicht weil er persönlicher war als die anderen. Vielleicht weil er Dinge von ihr verlangte, die nicht in ihrem Naturell lagen.


    Als sie nach ihrem Becher griff, war dieser erneut leer, doch ihr fehlte die Kraft nach neuem Wein zu rufen. Wahrscheinlich würde der Junge eh bereits unten am Feuer schlafen. Und ihre eigene Müdigkeit stimmte sie milde, so dass sie den Becher einfach bei Seite schob und die Schriftrollen vor sich sortierte. Morgen würde sie die nötigen Kuriere auf ihre unterschiedlichen Wege schicken. Über Mythodea verteilt, bis hinaus nach Ankoragahn. Es war ein gutes Gefühl so viel geschafft zu haben, wo sie sich sicher war, dass Asunder immer noch mit sich haderte was sie ihrem Vater zurückschreiben sollte. Und ihr Blick hinaus aus dem Fenster ihres Turmes verriet ihr, dass wahrlich noch Licht im Haus der Ordensmeisterin brannte, wo der Rest des Dorfes längst in Dunkelheit gekleidet war. Selbst Schneebluts Etablissement für gewisse Gefälligkeiten.


    Livven streckte sich und ihre Schulterpartie knackte laut. Zu lange hatte sie am Schreibtisch gesessen und dennoch war sie nicht ganz fertig. Diesmal allerdings griff sie nur zu einem Stück Restpapier, dass am Rande ihrer Arbeiten lag. Und im Gegensatz zu den vorherigen Briefen benutzte sie hier die kantigen Runen ihrer Heimat.


    'Beweg deinen Arsch her.'


    Nickend rollte sie auch diese Nachricht zusammen und versiegelte sie mit blauem Wachs und dem Zeichen ihrer Familie, einem Kraken. Dabei hoffte sie das sein Schiff nicht all zu weit entfernt lag und er schnell herkommen würde. Sicherlich würde er auch bereits mehr zu Lord Eisenwinters Plänen wissen ~und vor allem Asunder ein wenig auf andere Gedanken bringen. Ihre Freundin brauchte dringend Entspannung.


    Gähnend wanderte die Schriftrolle zu den anderen und Livven legte für einen kurzen Moment die heiße Stirn auf das angenehm kühlte Holz der Tischplatte. Sie seufzte leise und kurz kam ihr der Gedanke den Jungen doch noch zu wecken, damit er ihr ein Bad einlassen würde. Vielleicht eine kurze Massage. Und doch Wein.


    Doch dann wurde sie erst am späten Mittag des nächsten Tages mit furchtbaren Nackenschmerzen wieder wach.

    Ein Vertrauen das Livven nicht enttäuschen würde. Sicherlich, sie erzählte Asunder nicht alles, doch sie war Familie. Und dieser war die junge Frau gegenüber treu, egal wie oft sie sich auch mit der Anderen stritt. Pack schlug sich, Pack vertrug sich, wie es eben so schön hieß. Zudem war Livven sich sicher, dass auch ihre Freundin das ein oder andere schmutzige Geheimnis vor ihr hatte...


    Ein Gedanke der sie schmunzeln ließ, genauso wie das Schürhaken-Theater, während sie nickte und die Briefe entgegen nahm, die Asunder ihr reichte. Ihre Schreibfeder würde wohl wahrlich in nächster Zeit arg gefordert werden ~nicht das sie nicht ohnehin schon den ein oder anderen gut platzierten Brief in Umlauf gebracht hatte. Nun sollten wohl auch noch Ser Halbzwerg, der beim Alkohol aus ihrer Heimat gleich das Weinen begann, und der Ziegenhirte dazu kommen. Eine gute Wahl, wenn man sie fragte und es würde ihr Freude bereiten mit ihnen Kontakt aufzunehmen.
    Eine Freude, die Asunder nicht zu teilen schien ~immerhin handelte es sich beim Verfasser des ersten Briefes um niemand geringeren als ihren Vater.


    Lord Eisenwinter hatte Livven nie kennengelernt und nur ein oder zwei Mal aus sicherer Entfernung gesehen, wenn dieser mit ihrem Vater oder Bruder Geschäfte machte. Und auch wenn sie sonst nicht viel auf Vaynes Gerede gab, hier glaubte sie jedes Wort was er über den Lord verlor ~stets nur unter vier Augen! Denn wenn er als Freund gutes Geld brachte ~und einen Großteil des Vermögens der Krähenaugen beruhte auf seine Großzügigkeit ~so brachte eine Feindschaft mit ihm nur eines ~einen unangenehmen Tod. Und darauf war niemand in ihrer Familie sonderlich scharf.


    Livven erhob sich, im Gegensatz zu ihrer Ankunft ein Lächeln auf den blassen Lippen. „Dann gibt es jetzt wohl viel zu tun!“


    Draußen schien bereits wieder die Sonne.