Wirtshaus „Zur Bunten Kuh“, Valensdorf
Es war richtig was los in der beliebten Kneipe, die sich abseits der feineren Stadtteile in der Nähe des Hafens befand. Laut unterhielten sich diverse zwielichtiges Halunken, Diebe, Streuner und andere Vagabunden. In einer Ecke saßen besoffene Musikanten und gaben ein zotiges Lied nach dem anderen zum Besten.
Es war bereits verdammt spät, doch Rafael saß noch immer allein an einem der schmutzigen, runden Tische und starrte nachdenklich in seinen Bierkrug. Auf der gegenüberliegenden Seite beobachtete er Waibel Reiner, der an der Theke stand und dort lautstark vom letzten Abenteuer erzählte und damit viel Bewunderung, Erstaunen und Unglaube erntete.
Morgen früh würde er wieder zurück ins Lehen Bärheim reiten. Er wollte dort nicht länger fehlen, als unbedingt nötig. Er vermisste... es.
Diese Reise war nicht so verlaufen, wie er es sich vorgestellt hatte. Die Bruderschaft des Lichts… Ordensmeister Maghnus… ach, damit kam er klar… die waren eben so, wie sie waren.
Aber Drow im Grenzwald? Und diese Vermutungen von Drachen? Reichten nicht Nurglekultisten und Trolle vollkommen aus?
Der Herr von Bärheim legte die Beine auf den Tisch und schaute sich die Stiefel an… er war damit fast bis zu den Knien im Schlamm versunken… Aber… wie tief steckte er… jetzt in Problemen? Bis zum Hals? Dabei hatte er ja nicht einmal schlimmes vorgehabt… Dann fragte er sich, wie sich dieser Satz wohl aus seinem Mund anhören würde… unglaubwürdig? Dann verdrehte er die Augen.
Wie dem auch sei, der Schutz seiner Lieben stand über allem, keine Frage. Aber das es so ablaufen würde? Jetzt stand er bei diesen verfluchten Drow und ihrer bösen Herrin tief in der Kreide. Ihm wurde fast schlecht bei dem Gedanken.
Für was, fragte er sich. Und er kannte die Antwort. Für NICHTS…
naja… für die Passage der Reisegruppe durch diese verdammte Höhle, aber wer außer Reiner und Tilda hatte ihm dort etwas bedeutet? Waren so wichtig, dass er dafür sein Leben wegwarf?
Und auch hier kannte er die Antwort. Und verdrängte sie lieber.
Er trank einen tiefen Schluck des kalten Gerstensaftes, doch ob der schweren Gedanken schmeckte es ihm nicht recht. Dann schaute er zu Reiner hinüber. Eine Frohnatur. Der Waibel der imperialen Garde hatte sein linkes Auge verloren… und doch schien er unbekümmert und fröhlich.
Rafael hatte keinen blassen Schimmer, was er verloren hatte…und welche verheerenden Folgen das für ihn haben würde. Vielleicht war Reiner am Ende sogar besser dran?