Falke und Phönix

  • Regen. Seit dem Tag, als sie mit dem Holz für Nordgard aus Finsterwalde aufgebrochen waren, waren sie nass bis auf die Knochen. Die schlammigen Straßen, eine Tortur für Mensch und Tier. Doch abgesehen von den Flüchen über feststeckende Wagenräder oder Wegelagerer, die dumm genug waren, einen Überfall bei Nacht zu versuchen, klagte niemand.
    So auch der Krieger, der sich Silar nannte, und der an der Flanke des vorderen Wagens, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, den anderen folgte – was allerdings nicht seiner Disziplin allein, sondern viel mehr seinen eigenen Gedanken geschuldet schien. Öfter als die anderen hob er den Kopf und ließ den Blick über die Ebene der Winde streifen, als gäbe es dort Antworten auf die vielen Fragen, die ihn seit Tagen begleiteten – doch das Land schwieg. Wie sollte es auch anders sein, ohne einen Gott, der es führte?


    Es war der vierte oder fünfte Tag, als sie die Kreuzung nach Codex Lux erreichten, als einige Männer in schwarzen Kutten mit dem Abzeichen der Bruderschaft des Lichts darauf dem Konvoi den Weg versperrten. Junge Burschen, allesamt, keiner von ihnen mochte über fünfundzwanzig Sommer zählen. Und doch, oder gerade wegen dieser kindlichen Dummheit, blockierten sie dem Konvoi eines imperialen Reichritters, einer Lehnsnehmerin von Axtfels, der im Auftrag des Grafen höchstpersönlich unterwegs war, den Weg auf einer öffentlichen Straße. Silar grinste unter seiner Kapuze und schüttelte den Kopf, während einer der Holzfäller seine Mütze abnahm und den Lichtbrüdern ihr Anliegen erklärte. Dass weder ihr Offizier noch ein anderer der Soldaten vorsprach, war Asunders Wunsch gewesen – und so standen sie schweigsam, die Schilde erhoben und den Griff um die schlanken Speere, oder die Repetierarmbrüste, fest, und beobachteten mit abgeklärtem Kalkül.


    „Das Licht zum Gruße! Wohin wollt ihr?“
    „Nordgard. Wir liefern das Holz für den ehrenwerten Grafen und Ordensmeister der Sturmfalken, Kaldor Kayanee. Gibt es Schwierigkeiten auf dieser Straße, oder warum versperrt ihr uns den Weg?“
    Die Lichtbrüder wechselten bedeutsame Blicke.
    „Auf Geheiß von Maghnus von Cadyern, hochwohlgeborener Ordensmeisters der Bruderschaft des Lichts, Reichsritter des ankoragahnischen Imperiums und Ehrenleibgarde in memoriam Rawiel zu Rothenburg ...“
    Nicht nur Silar seufzte.
    „...werden wir Euch in den nächsten Tagen Geleitschutz geben, bis ihr Nordgard fast erreicht habt!
    Die kleineren Zwistigkeiten müssen da für den höheren Zweck zurückgestellt werden*!“


    Der Holzfäller, Heinke hatte ihn seine Mutter genannt, wandte den Blick, fast ein wenig hilflos, über die Schulter zu den Soldaten – fünfzehn an der Zahl, allesamt schwer gepanzert und bewaffnet. Erfahrene Krieger, die ihre Feuerprobe gegen das Chaos schon vor Jahren bestanden hatten – und dann zurück zu den Lichtbrüdern.


    „Nun, werte Herren, ich denke nicht, dass es nötig-“ Eine schwere, gepanzerte Hand auf der Schulter unterbrach ihn. Der Offizier der finsterwälder Soldaten war, erstaunlich lautlos für die viele Rüstung, die er trug, an seine Seite getreten und flüsterte ihm einige Worte zu, die dunklen Augen unter dem Helm prüfend, und nicht ohne ein herausforderderndes Lächeln darin, auf die jungen Männer aus Waldwacht gerichtet. Dann trat er an seinen Platz zurück, in die gleiche, unnahbare Haltung wie zuvor.


    Nervös befingerte Heinke den Filz in seiner Hand.
    „Ich, äh, … ja. Ich denke auch, Ihr solltet uns … begleiten. Wir brauchen sicherlich Eure tatkräftige Unterstützung. Die Herren hier, meine ich.“ Er wedelte mit der Mütze in Richtung des Konvois hinter sich.
    Auch, wenn die Kapuze Silars Augen verbarg, war sein wenig freundliches Lächeln jedoch nicht zu übersehen.
    Ohne ein weiteres Wort abzuwarten hob der Offizier seinen Speer, schlug zwei Mal auf sein Schild, und der Tross setzte sich so abrupt wieder in Bewegung, dass selbst Heinke zur Seite springen musste. „Werte Herren, ihr … könnt dann folgen. Oder Euch anschließen … Ihr solltet Euch jedenfalls … beeilen, meine ich... respektvoll.“ Dann eilte er zurück an seinen Platz.


    Es waren zwei weitere, lange Tage bis Nordgard und um so längere, kalte Herbstnächte. Nur die Holzfäller sprachen mit den Lichtbrüdern, die Soldaten hielten sich auf Abstand und blieben unter sich. Allein Silar trat abends am Feuer zu ihnen, ein Bündel mit Brot, Käse und Trockenfleisch und einen Weinschlauch in der Hand.
    „Danke. Willst du dich nicht setzen?“ Er schüttelte den Kopf, hielt jedoch inne und zuckte mit den Schultern, bevor er sich, sein Gesicht im Schatten der Kapuze, zu ihnen gesellte. „Zieht ihr von der Flamme eigentlich eure Rüstungen nie aus?“
    Wieder schüttelte Silar den Kopf. „Nicht, wenn wir durch gefährliche Zeiten reisen.“ Seine Stimme war rau, fast heiser. „Reist ihr immer leichtfertig?“
    Einer der Brüder schnaubte verächtlich. „Meine Brüder erzählten schon von eurer Arroganz...“
    „... eine Arroganz, die euch heute Abend speist, obwohl sie es nicht müsste.“ Silar bleckte die Zähne und drehte, wie in alter Gewohnheit, den Ring, den er über dem Handschuh an seiner Linken trug. Ein Stück geschwungenen Messings in Form einer Phönixfeder, in diesen Landen wohl viel zu wertvoll für einen einfachen Soldaten.
    „... ihr solltet Essen, dann solltet ihr schlafen – oder wachen – ganz, wie es euch beliebt. Und morgen früh solltet ihr laufen. Wir brechen vor Anbruch der Dämmerung auf.“ Geschmeidig erhob er sich von seinem Platz, verbeugte sich noch einmal spöttisch, um dann in der Dunkelheit zu verschwinden – ein leises Lied summend. Zumindest bedeuteten diese Kreaturen keine Gefahr. Trotzdem würde er heute Nacht, einmal mehr, nicht schlafen.


    Der Rest der Reise verlief ohne Zwischenfälle. Kurz vor den Toren Nordgards verabschiedeten sich die Brüder und zogen ihres Wegs zurück nach Waldwacht, und Silar hoffte, dass sie es bis dorthin zurück schaffen würden. Alles andere würde die Lage noch komplizierter machen, als sie eh schon war. Während die Wachen der Stadt die Wagen kontrollierten und mit Heinke über Einfuhrpapiere und ähnliche Dinge sprachen, tauschte Silar seine schwere Rüstung gegen leichtes Leder und löste sich unauffällig aus dem Trupp der wartenden Soldaten, die ihr Lager unmittelbar auf dem Anger vor dem Tor aufgeschlagen hatten, was bei der Stadtwache für wenig Begeisterung sorgte. Gut so, denn so waren die Augen der wachsamen Falken dort, und nicht bei den Abenteurern und Händlern, unter die Silar sich jetzt mischte, um durch das Tor in die Stadt zu gelangen.


    Auch, wenn er Städte diese Größe aus seiner Heimat kannte, verschlug Nordgard ihm für einen Moment den Atem. Doch wusste er, dass er keine Zeit zu verlieren hatte. Nach einigen Fragen nach dem richtigen Weg überquerte er die Brücke über den Seitenarm des Storn, der wild und grau unter ihm vorbeieilte, dann folgte er den Hauptstraßen bis hinauf zur Festung über dem großen Fluss.
    Ohne zu zögern trat er auf eine der Wachen zu – einen groß gewachsenen Krieger in den blaugelben Farben der Sturmfalken – warf einen Blick auf den Phönixring, und lächelte ...


    ~ ~ ~


    Helmbrecht stapfte den Gang hinunter. Sein Kettenhemd klapperte gegen seine Beintaschen und jeder Schritt auf dem Steinboden donnerte wie ein nahendes Gewitter. Der Ordenskrieger der Reinigenden Flamme im Schlepptau bemühte sich eilig, ihm zu folgen. Die Festung war riesig und es dauerte seine Zeit, bis sie endlich vor der Tür standen, die schon seit Tagen das Ziel von Silars Reise gewesen war.
    Helmbrecht warf noch einen letzten Blick auf den Krieger, der ihm gerade mal bis zur Schulter reichte. „Ich hoffe für Euch, dass es wirklich so dringend ist, wie Ihr behauptet. Der Graf hat wichtige Dinge zu tun.“ Silar nickte nur und der Soldat der Sturmfalken verschwand durch das hohe, mit Schnitzereien verzierte Portal. Kurz darauf öffnete sich einer der Türflügel und man gewährte Silar Einlass. Das Amstzimmer des Grafen war exklusiv, aber nicht von jener Dekadenz, die manchen Herrschern allzu gern zu Teil wird. Kaldor war, und blieb, ein Mann des Glaubens, und dies spiegelte sich in seinen Räumen ebenso wider, wie in seiner ganzen, ungeschnörkelten Art.


    „Herr Kaldor, der Bote aus Finsterwalde“, begann Helmbrecht ohne Umschweife, doch Silar schob sich bereits an ihm vorbei und streifte die Kapuze nach hinten. Lange, schwarze Haare, Narben im Gesicht. Eine davon, ein schmaler Schnitt quer über den Nasenrücken von der linken zur rechten Wange, glänzte noch frisch und war wohl erst wenige Tage alt. Ein unverschämtes Grinsen und doch, dahinter, eine Besorgnis, die man in diesen Augen nicht gewohnt war. „Es ist schon eine Weile her, Kaldor“, begann Asunder und hob, beinahe entschuldigend die Schultern.


    Helmbrecht starrte mit offenem Mund auf das jetzt Offensichtliche, hin und her gerissen, ob er die Ordensmeisterin einfach hinauswerfen oder angemessen begrüßen sollte, doch die Frau wandte sie zu ihm um und warf ihm einen unmissverständlichen Blick zu. „Niemand weiß, dass ich hier bin und das soll so bleiben. Erfährt es jemand, weiß ich, von wem er es weiß. Das wäre keine gute Idee.“ Dann wandte sie sich wieder an den Grafen und besann sich ihrerseits auf ihre Manieren und ihre Stellung. Sie trat einen Schritt vor, wartete. Kein schmerzhaftes Ziehen in der Hand, an der sie den Ring trug. Dann senkte sie respektvoll den Kopf. „Euer Gnaden, Graf Kaldor Kayanee von Nordgard, ich bitte um eine Unterredung unter vier Augen und bitte zugleich um Vergebung für diese Scharade. Doch mir blieb weder Zeit noch Wahl. Es geht um Leben … im schlimmsten Falle sogar um Eures.“


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    [T.Shelby -PB]

    Einmal editiert, zuletzt von Asunder ()

  • Kaldor zog -gereizt?- eine Augenbraue nach oben, das andere Auge zusammengekniffen. Mit einer kurzen Geste der linken Hans bedeutete er Asunder näher zu treten, während er den armen verwirrten Helmbrecht mit einer Bewegung des Kopfes bedeutete sich zurückzuziehen.
    "Schon gut alter Freund, lass uns allein!".
    Er wandte seine Aufmerksamkeit nun Asunder.
    "Erschreckt meine armen Ordensbrüder nicht so Herrin Asunde." Begann er in scheinbar gelassener Stimmung. Doch schien dies nur die Oberfläche seiner Gemütslage widerzuspiegeln. "Setzt euch, und erklärt was euch zu diesem Auftritt bewogen hat!"
    Eine Karaffe verdünnten Weines und etwas Brot waren auf einem kleinen Tisch an der Außenmauer auszumachen. Der Schreibtisch des Grafen war voller Papiere und Dokumente, dominiert von der durch Rafale von Bärheim neu erstellten Karte des Lehens. Kaldor selbst war in die schlichten weißen Gewänder gehüllt die man so oft bei den Vertretern seines Glaubens finden konnte. Ein schmaler Gurt und eine dünne Kette mit einem goldenen Falken waren alles was er Zierrat angelegt hatte.

    "Mein Klinge, meine Treue und meine Seele gehören dem Herrn des Lichts. Möge Er sie beanspruchen; sie werden Ihm ewig dienen."



    "Der kürzeste Weg zum Mut ist bedingungslose Ignoranz"

  • „Hätte ich eine Wahl...“, seufzte der Paladin, als der Soldat das Zimmer verlassen hatte, streckte sich kurz und verzog das Gesicht. Die letzten Tage forderten ihren Tribut und die Erschöpfung stand Asunder ins Gesicht geschrieben. So nahm sie dankbar auf einem der einfachen Stühle Platz, die Ellbogen auf den Knien und den Oberkörper nach vorn gebeugt. Sie fuhr sich mit der Hand durchs Haar, und begann dort, wo auch für sie alles angefangen hatte...


    Als sie geendet hatte, lehnte sie sich mit der Hüfte gegen den Tisch und blickte zum Fenster. „Fulcrum warnte mich, dass ich von nun an mit offenen Augen schlafen und niemandem trauen solle, bei dem ich nicht sicher bin, dass es nicht auch derjenige ist, der er zu sein vorgibt. Verzeiht mir daher das hier.“ Sie hob die Hand mit dem Ring.
    „Doch nach dem Treffen auf der Insel der Stürme machte ich Bekanntschaft mit nicht nur einem Hinterhalt. Das kleine Andenken in meinem Gesicht ist nur ein Teil davon. In der Taverne scherzte ich über die Gepflogenheit meines Volkes, Feinden eine Natter im Mantelärmel zu verstecken... ratet, wo ich eine fand. Und das hier...“ Sie löste die oberste Schnalle der Lederrüstung und zog den Kragen zur Seite. Ein blutiger Verband kam zum Vorschein, „War einer von drei Armbrustbolzen, kurz bevor ich mich auf den Weg zu Euch machen konnte. Das war letzten Endes auch der Grund, warum ich mich gegen den schnelleren, aber offensichtlicheren Weg entschied und, als Rückversicherung, eine Botschaft an Euch schicken ließ – von der ich sicher bin, dass sie Euch nicht erreichen wird. Falls doch, nun, findet ihr dort all das, was ich Euch hier erzählt habe. Sollte sie einen anderen Inhalt haben, seht es als Bestätigung all dessen, was ich Euch berichtete.“


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    [T.Shelby -PB]

  • Kaldor hatte Asunder aufmerksam zugehört. Als sie geendet hatte waren seine Augen nur mehr schmale Schlitze. Seit wann war er von so viel Wahnsinn umgeben? Seit wann waren die ursprünglich als so effektiv wahrgenommenen imperialen Strukturen so anfällig geworden? Waren die Strukturen selbst das Problem? Die imperialen Soldaten und Gardisten zum Beispiel waren ungemein fähig in der Schlacht und wo man dem einfachen Soldaten vermutlich das Denken austreiben musste sollten doch die Offiziere diese Fähigkeit für die Truppen übernehmen. Doch augenscheinlich hatte man auch hier versagt. So viel Kriegsmaterial zu verlegen, noch dazu an diesen Ort und in diesem Umfang. War dem verantwortlichen Offizier denn nicht aufgefallen, das es gar nicht so viele Soldaten in diesem Teil von Axtfels gab, die man mit einer derartigen Menge an Ausrüstung hätte versehen können?! Offensichtlich nicht... Und dann die Vorkommnisse im Kernreich... Das Imperium hatte also Probleme, gut das war eine Untertreibung sondergleichen... Aber er konnte nicht alle Probleme lösen, er musste sich auf Axtfels konzentrieren! Um das Kernreich mochten sich andere kümmern...


    Kaldor atmete tief durch. Asunder konnte seinen Zorn beinahe physisch spüren.


    "Das Alles trifft uns zum ungüstigsten Zeitpunkt Asunder!"


    Der Ordensmeister erhob sich und begann auf und ab zu marschieren.


    "Wir haben gerade gestern ankoragahnische Truppen angewiesen sich auf den Weg nach Waldwacht zu begeben. Von dort aus sollen sie weiter in Richtung Nordosten um dann die Grenze nach Neu Terwan zu überschreiten. Krieger unseres Ordens befinden sich bereits jenseits der Grenze, sie werden sich mit den ankoragahnischen Einheiten vereinen und den nördlichen Teil des Landes sichern. Die Eisbrecher wurde ebenfalls flussabwärts verlegt. Zugleich sind wir derzeit dabei die Flussverteidigung hier vor Ort weiter zu verstärken. Und dann ist da noch diese Lieferung... ganz zu schweigen, dass der Winter vor der Tür steht!"


    Kaldor schüttelte energisch den Kopf.


    "Aber eins nach dem anderen! Wir müssen wieder Herr der Lage werden! Ab sofort geschieht nichts mehr in Axtfels zu dem ich nicht persönlich meine Zustimmung gegeben habe! Das gilt für alle Lehen und auch und insbesondere für Valensdorf selbst!"


    Kaldor straffte sich.


    "Es muss sein. Ich werde nach Valensdorf gehen. Als Zeichen meiner Verantwortung. Für Axtfels...!"


    Er blickte Asunder aus vor Eifer leuchenden Augen an.


    "Und ihr werdet mich dorthin begleiten!"


    Laut rief Kaldor nach einem Bediensteten. Danach wandte er sich wieder an Asunder.


    "Wir werden auf dem Weg in Finsterwalde halt machen. Und dort werdet ihr den Befehl geben mit Brandrodungen zu beginnen. Wir brennen eine Schneise in Richtung Bärheim und räuchern alles aus, das auf dem Weg dorthin verborgen sein mag!"


    Und er stieß seinen Finger auf dieselbe Stelle der Karte zwischen Bärheim und Finsterwalde auf die ihn Asunder noch vor Augenblicken hingewiesen hatte...


    "Und wenn der ganze südliche Grenzwald brennen muss...!"

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    "Der kürzeste Weg zum Mut ist bedingungslose Ignoranz"

  • „Verzeiht meine Anmaßung, Graf Kaldor, aber genau das wird Axtfels dem Feind ans Messer liefern. Zumal das Problem nicht zwischen Finsterwalde und Bärheim liegt, sondern ein Stück darüber. Wir müssen genau das leisten, was wir nicht können. An so vielen Orten wie möglich stark und gewappnet sein. Zusammen. Ein falscher Zug, eine Lücke in der Verteidigung, und Axtfels wird einen blutigen Preis dafür bezahlen.


    Der Weg nach Valensdorf ist sicher der richtige, und dennoch sollte er nicht als Feuersturm erfolgen. Nicht jetzt. Wie wird man Euch dies vor der Regentin auslegen? Entweder macht sie Euch durch solche Taten zum Vollstrecker von Ignis Willen und beraubt Euch vor allen Euren Verbündeten in der Sache der Charta Eurer Glaubwürdigkeit. Oder sie nennt Euch einen Fanatiker und ihr liefert Euch und alles, was ihr für die Freiheit unser aller Glauben geleistet hab, an ihre Klinge.“


    Sie seufzte.


    „Ihr solltet auch nicht das Holz vergessen, das Ihr benötigt. Verbrannt wird es nicht von Nutzen sein. Im Gegenteil. Wir brauchen um so mehr für Befestigungen und Waffen. Selbst meine Leute schaffen keine Repetierballisten aus Asche und Rauch... so ziemlich das einzige Mittel gegen diese Trolle, habe ich mir sagen lassen.


    Darüber hinaus begleite ich Euch gern nach Valensdorf, bitte jedoch um Nachsicht. So lange die Fehde von Maghnus von Cadyerns Seite noch immer nicht beendet ist, kann ich mein Lehen nicht länger als nötig ungeschützt lassen. Zu groß ist die Gefahr, dass er sich diese Lage zu Nutze macht.


    So sehr es mir belieben würde, diesen verdammten Wald in seiner Gänze brennen zu sehen … so sehr kann ich nur raten, dass Euer Augenmerk auf dem Wesentlichen ruhen möge. Alles, was wir an Kräften im Norden bündeln, wird uns bei der Axt fehlen. Unser Vorgehen braucht mehr als Feuer allein. Es braucht Verbündete. Wir müssen wissen, wem wir vertrauen können. Ihr müsst das wissen. Sonst endet Euer Marsch nach Valensdorf noch mit einem Messer in Eurem Rücken.“


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  • Kaldor kniff erneut die Augen zusammen. Hatte sie ihn so missverstanden?


    "Ihr täuscht euch in dreierlei Dingen Frau Asunder:


    Ich werde nicht in einem Feuersturm nach Valensdorf ziehen. Im Gegenteil - ich geh allein. Nun nicht ganz, aber auf eine Garde aus Ordensbrüdern und Schwestern werde ich als wohlmeinende Geste verzichten. Ich gehe um in des Truchsess' Abwesenheit zu tun was meine Pflicht ist: Die Geschicke von Axtfels aus Valensdorf zu lenken, zum Wohle von uns Allen!


    Meine Glaubwürdigkeit, wie ihr es so schön ausdrückt, in Bezug auf meine Eingaben zur Magna Charta mag von vielem abhängen, aber die Regentin soll in dieser Sache eure - und unsere - Sorge nicht sein. Derzeit sind es andere die unseren Zielen entgegenstehen. Es wird sich dennoch alles fügen. Es muss! Alles andere wäre ein Wahnsinn den sich niemand hier leisten kann. Wer das nicht versteht ist eine Gefahr für das Reich! Und wie man mit Gefahren umgeht muss ich euch sicherlich nicht erklären...


    Und was schließlich und endlich das Holz angeht: Den größten Teil unseres Bedarfs decken wir tatsächlich durch Händler, eigene Rodungen und zum Teil auch durch Waldwacht. Meine Befehle an die drei Grenzlehen dienten vor allem zur Beurteilung eurer Einstellung zu Treue, Pflicht, Ehrlichkeit und eurer Fähigkeiten in herausfordernden Situationen. Die Antworten die ich aus Finsterwalde, Bärheim und Waldwacht erhielt waren diesbezüglich sehr aufschlussreich..."

    Kaldor unterbrach seine Wanderung durch den Raum und sah Asunder direkt in die Augen.


    "Eure Anstrengungen in diesen schweren Zeiten sprechen selbstverständlich für sich!" Und über dies habt ich recht. Wir werden selbstverständlich besonnen vorgehen..."


    Kaldor füllte zwei Becher mit gekühltem Wasser. Einen davon reichte er Asunder.


    "...auch wenn das nicht bedeutet das der Grenzwald nicht brennen wird!"

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  • Asunder nickte langsam. Besser. Viel besser. Sie nahm den Becher, wünschte einen Moment, es wäre kein Wasser, sondern dieses vodgodische Zeug, dass Maxim in die Spiegelwelt mitgebracht hatte. Aber eines nach dem anderen.


    „Ihr habt Recht. Axtfels braucht jemanden, der es führt, so lange Balduin nicht hier ist. Eure Absichten sind die richtigen, zweifelsohne, und ich werde Euch all die Unterstützung geben, die ich leisten kann. Insofern die Antworten, die ihr von mir aus Finsterwald erhalten habt, für Euch so ... aufschlussreich waren, wie Ihr diese gewünscht habt.“


    Sie nahm einen Schluck und blickte ihn über den Rand ihres Bechers an – ein wenig herausfordernd vielleicht, aber eher … schelmisch. In jedem Falle strafte es den harten Vorwurf in ihren Worten Lüge.


    „Wegen mir fackelt diesen verfluchten Wald ab, wie es Euch beliebt. Nur lasst meinem Lehen, und Bärheim, genug Ressourcen, um damit arbeiten zu können. Nordgard mag gut aufgestellt sein – ich hingegen bin froh über jedes Dach, das ich meinen Soldaten über dem Kopf bieten kann.“


    Asunder fuhr sich mit der Hand über die Augen. Die Erschöpfung der letzten Tage war ihr deutlich anzusehen.


    „Letztendlich bin ich hier, weil ich Eure Anstrengungen schätze, Graf Kaldor, doch auch, weil ich in Sorge um Euch bin. Unser … Feind wird sicherlich keine Mühen scheuen, den Punkt anzugreifen, der Axtfels Stabilität bringen kann. Und das seid nun einmal jetzt gerade Ihr. Tut mir einen Gefallen und unterschätzt ihn nicht. Insofern Ihr es durch Euren Glauben nicht selbst vermögt, habt jemanden an Eurer Seite, der zu sehen vermag, ob es sich niemand hinter dem Gesicht eines anderen verbirgt. Und vertraut niemandem. Im Zweifel nicht einmal mir.“


    Die Ordensmeisterin schlug die Beine übereinander und verschränkte die Arme vor der Brust.


    „Was genau ist also Euer weiterer Plan? Denn wenn Ihr gestattet, würde ich gern ein wenig dessen nachholen, was mir in den letzten Tagen abhanden gekommen ist. Nämlich Schlaf. Und verzeiht, wenn ich befürchte, dass ich den in einer Festung voller Unbekannter kaum finden werde...“


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  • Kaldor war halb in Gedanken als er antwortete: "Nun, wenn ihr Bedenken ob eurer ungestörten Nachtruhe habt, so kann ich eine Unterbringung ohne Fenster und mit verschließbarer Tür für euch bereitmachen lassen." Kurz schien er seine Gedankenwelt zu verlassen. "Von Innen selbstverständlich!" Er lachte lautlos. "Was meine Pläne betrifft: Ich werde euren Rat beherzigen, wenngleich auch nur zum Teil. Denn gerade eines kann ich mir derzeit nicht leisten. Und das ist mangelndes Vertrauen. Ich muss Vertrauen haben, sonst geht Axtfels zum Teufel. "
    Er schüttelte den Kopf und sah die Reichsritterin an. "Und wehe denen, die mein Vertrauen missbrauchen..."
    Kaldor setzte sich wieder. Auch er sah müde aus. "Doch genug der düst'ren Worte! Esst etwas. Trinkt. Wir werden euch und die eurigen gut versorgen. Morgen sehen wir weiter!"

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