Das Festbankett

  • Livven mochte die Musik, die gespielt wurde, auch wenn ihr Tanzpartner sie immer und immer mehr langweilte. Seine Stimme war schon lange nicht mehr als irgendein Blabla, das an ihre Ohren drang, aber keine weitere Bedeutung hatte und immer wieder erwischte sie sich dabei wie sie zu Balduins Türe sah ~die allerdings geschlossen blieb. Ob es um die Verhandlung ging? Oder warum das Kaldorwerauchimmer mit einer ganzen Armee hier angeritten gekommen war? Vielleicht aber auch um etwas ganz anderes?


    „Au!“ Es war eindeutig ihre Unachtsamkeit, als ihr Tanzpartner ihr auf den Fuß stieg. Dennoch funkelte sie ihn vernichtend an, was ihm die Schamesröte ins Gesicht trieb, sah doch so ziemlich jedes Pärchen in ihre Richtung. „Ich... ich..“ stammelte er, während Livven seinen Arm um ihre Hüfte löste und ihm keinen Blickes mehr würdigte, sondern zu der Hand eines anderen Mann griff, der gerade auf der Tanzfläche stand. Dieser grinste, auch wenn die Alchemistin immer noch finster dreinsah und keinerlei Mitleid mit dem armen Tropf hatte, der verloren auf seine Füße starrte und sich sicherlich wie der letzte Trottel fühlte.


    Nun etwas langsameres spielend ~und sie wusste genau wer sich dieses Lied gewünscht hatte~ murrte Livven immer noch, auch wenn der neue Tanzpartner sein Handwerk besser als diese Krake mit Holzbein verstand. Nicht ihr Stil, aber nach kurzer Zeit lag wieder ein Lachen auf ihren Lippen und ein Funkeln in ihren Augen, während sie zu dem viel größeren aufsah. Immer noch kein Hauptpreis, doch wer auf dem Meer aufgewachsen war kannte weitaus schlimmeres. Und zudem schwafelte er nicht, sondern konzentrierte sich allein aufs Tanzen ~und ein wenig darauf ihren Hintern zu tätscheln. Darüber konnte sie allerdings hinwegsehen, denn auch da war sie durchaus mehr gewohnt.


    Mit seinem Vorsatz, sie nicht mit Gerede zu langweilen, hielt er es allerdings nicht sonderlich lange durch. „Ihr solltet vorsichtig damit sein, mit wem ihr Euch einlasst, Mylady.“ Er nickte auf ihre Kette, auch wenn sein Blick etwas zu lang in ihrem Dekolleté hängen blieb. „Von Bärheim ist ein Schuft, der unzählige Herzen gebrochen hat, egal was für ein edler Herr er ansonsten ist. Ein Held, sicherlich, aber auch ein Schuft.“ Er blickte ernst drein. Innerlich musste Livven lachen. Sie musste ja ziemlich hilflos ausschauen. Vielleicht kam er sich auch nur besonders heldenhaft vor. Und im ersten Moment musste sie sich wahrlich den Kommentar 'vielleicht solltet Ihr ihn vor mir warnen' verbeissen und nickte stattdessen nur leicht. „Habt Dank. Aber bei zu flinken Fingern kenne ich eine gute Heilmethode.“ Damit griff sie zu seinem Arm und zog seine Hand, die immer tiefer gewandert war, ein gutes Stück höher, während sie ihm zuzwinkerte.

  • Kaldor hatte Rafaels letzten Ausführungen kaum zugehört. Irgendetwas schien seinen Geist zu lähmen. War es die Müdigkeit? Er hatte nun seit Wochen nicht mehr als zwei, drei Stunden die Nacht geschlafen. Er musste durchhalten, zu wichtig waren die Dinge die vor ihm lagen.


    Er schüttelte den Kopf um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Da war etwas das Balduin gesagt hatte... Viele Dinge die der Truchsess gesagt hatte... Hatte Kaldor tatsächlich zu Gunsten seiner Freundschaft mit Balduin von dem Thema abgelassen?


    "Herr des Lichts gib mir Kraft", murmelte er eigentlich nur für sich, doch Balduin und Rafael konnten ihn dennoch verstehen.


    "Stop!" Kaldor trank einen großen Schluck Wasser und sein Kopf begann langsam wieder klarer zu werden.


    Kaldor sah Balduin dierekt in die Augen. "Du hast dich im Wald verkrochen als du von den Anschuldigungen der Nyame hörtest, von der SCHMACH die sie uns zugefügt hat, von der Beleidigung die diese Untersuchung unseres Wesens darstellt? Und hast du dich entschieden das es BESSER wäre wenn du ein Weilchen verschwunden bleibst?!"


    Axtfels hätte gerade in dieser Zeit seinen Anführer gebraucht, wie konnte Balduin das nicht verstanden haben? Kaldor konnte sich das Verhalten seines Freundes nicht erklären.

    "Mein Klinge, meine Treue und meine Seele gehören dem Herrn des Lichts. Möge Er sie beanspruchen; sie werden Ihm ewig dienen."



    "Der kürzeste Weg zum Mut ist bedingungslose Ignoranz"

  • Rafael sah verständnislos von einem zum anderen.
    "Ist das der rechte Zeitpunkt um...? ", fragte er leise, ohne die Frage zu beenden.


    Er kannte Balduin gut genug um zu wissen, dass er diese Kritik nicht auf sich sitzen lassen würden.
    Das würde jetzt Theater geben und er hatte nicht vor zuzusehen, wie sich seine Freunde in die Haare kriegten...


    Der Bärheimer verdrehte die Augen und lauschte der Musik aus dem Saal.

  • Shananeya lauschte noch kurz der Musik. Langsam fing es in ihrer Magengrube an zu kribbeln. Es wurde Zeit. Ihr Blick suchte den ihres Gatten, der im Begriff war mit Balduin und dem Herrn von Bärheim sich zurückzuziehen. Ihre Blicke trafen sich und beide nickten sich gegenseitig unauffällig zu. Er wusste, dass sie jetzt das Fest unauffällig verlassen würde. Aber nicht allein. Das tat sie selten. Shananeya wusste, dass das Gespräch mit Balduin mehr als wichtig war. Sie war sehr gespannt auf eine Erklärung seitens Balduin, da die Umstände und Geschehnisse seines Verschwindens viele Fragen aufwarfen. Natürlich war sie froh Balduin unverletzt zu sehen, doch gleichzeitig kamen die Fragen. Was war passiert?
    Sie würden hoffentlich bald Antworten auf die Fragen bekommen. Shananeya hoffte auf eine schnelle Klärung, damit alles wieder einen geordneten Lauf nehmen konnte. Die lächerlichen Gerüchte darüber, dass Kaldor womöglich vor hatte das Land an sich zu reißen, waren total aus der Luft gegriffen und haben überhaupt keinen Bestand. Aber auch das musste geklärt werden. Sie legte ihre Stirn in Falten. Manchmal haben die guten Damen und Herren anscheinend nichts Besseres zu tun, als sich Probleme zu erschaffen, die vorher gar nicht da waren. Ist das eine Form sich die Langeweile zu vertreiben? Sich eine Beschäftigung zu suchen? Oder einfach Politik?...bah… Die Sorgen und Gedanken über das Erlebte krochen weiter wie klebriger Honig durch ihren Kopf und ließen sich nur schwer abschütteln. Sie brauchte sie dringend …eine Auszeit.
    Kaldor würde das Gespräch mit Balduin auch ohne sie bewältigen. Später würde er ihr alles haarklein erzählen und sie würde sich alles gespannt anhören und ihm weiter zur Seite stehen.
    Sie gab Haans ein Zeichen und wandte sich unbemerkt Richtung Ausgang des Saales. Wohl aber darauf bedacht sich die Hand immer wieder gen Kopf zu legen und das Gesicht zu verziehen. Falls doch jemand später fragen sollte, konnte sie sagen, dass sie sich nicht wohl gefühlt hatte und sich deswegen lieber zurückgezogen hatte. Dabei handelt es sich keineswegs um eine Lüge.
    Außer Sicht beschleunigte Shananeya ihren Schritt, ging an Dahlia, ihrer Dienerin, vorbei und sagte nur kurz „Ich brauch dich!“. Dahlia blickte überrascht auf, machte einen Satz nach vorn und hastete ihrer Herrin hinterher Richtung Unterkunft.

  • "Diese Frau war definitiv nicht so wie andere Adelige... irgendwie bodenständiger." dachte Isador als sich Asunder von ihm abwendete und wieder zu ihrem Tisch ging.
    Er wiederum begann damit die anderen Wachen über den Lichtbruder zu informieren. Dabei sagte er das man ihn im Auge behalten sollte und auch nicht zu nahe an die Mitglieder des Ordens der reinigenden Flamme lassen sollte, sicher ist sicher.
    Als er das erledigte hatte ging er wieder zu seinem Platz zurück und ließ sich die Begegnung mit Asunder noch einmal durch den Kopf gehen.

    Für den Imperator ...... und das Reich !


    Ich will doch nur den Hof machen :orkgrinz:

  • Kaldor schien nicht ganz bei der Sache. Dann suchte er den direkten Blickkontakt zu Balduin.
    Dann trafen ihn Kaldors Worte wie hundert Nadelstiche direkt ins Herz.
    Und Balduin wusste, dass Kaldor die Wahrheit sprach.
    Den Blickkontakt hielt er aufrecht und antwortete ruhig:



    Ja, es stimmt was Du sagst, Kaldor. Ich habe mich versteckt, vor dem Streit mit Lornalth und diesem Schwachsinn der Nyame.
    Mein Verhalten ist nicht zu entschuldigen, darum werde ich nicht um Eure Nachsicht bitten, doch möchte ich, dass Ihr wisst, dass es mir Leid tut.


    Gerne hätte er noch weiter nach diesem Gesinnungstest der Nyame gefragt, doch fand er, dass es nicht der richtige Zeitpunkt war.

    [align=center]Balduin vom Dunkelsee, Herold des Ankoragahnischen Imperiums,
    Gewinner des Bogenschützenturniers in Mythodea,
    mit dem Leitspruch:
    "Honni soit qui mal y pense"

  • Balduins Stimmung kippte jetzt. Wenn er eine Sache hasste, dann war es Zeitverschwendung.
    Das Gespräch drohte in eine andere Richtung, als die gewünschte abzudriften.


    Genug davon! Kaldor, wenn Du noch etwas besprechen willst, können wir das später tun.
    Gleiches gilt für Dich Rafel.
    Kommen wir nun zu der Lösung, die mir für das Problem Finsterwalde vorschwebt.


    Finsterwalde habe ich an den Orden der reinigenden Flamme belehnt und dabei bleibt es.
    Rafael, Dich möchte ich bitten ein wachsames Auge auf Finsterwald zu haben.
    Nachbarlich versteht sich. Und lass Deine Finger von dieser Frau!


    Ich werde der Bruderschaft des Lichts ein anderes Lehen anbieten - Waldwacht.
    Ritter Ferdinand von Wasserfall hat das Lehen schon vor längerer Zeit verlassen.
    Dort wohnen nur noch ein paar zurückgelassene Menschen.
    Das ist ihre Chance. Sie können sich beweisen.
    Kaldor, Du wirst die Aufgabe bekommen ein Auge auf sie zu werfen.
    Sie sind Deine neuen Nachbarn. Ich denke Du bist der Sache Herr.


    Anmerkungen, die Herren?

    [align=center]Balduin vom Dunkelsee, Herold des Ankoragahnischen Imperiums,
    Gewinner des Bogenschützenturniers in Mythodea,
    mit dem Leitspruch:
    "Honni soit qui mal y pense"

  • "Versöhnlich, schlichtend und vernünftig… eine wahrlich scharfsinnige Entscheidung ", meinte Rafael und verneigte sich vor dem Truchsess von Axtfels. "Ich schlage vor, die Verkündung auf morgen Vormittag im Versammlungssaal zu legen, wenn auch tatsächlich alle Teilnehmer anwesend sind.", ergänzte der Bärheimer.
    Dann aber musste Rafael lachen… "Allerdings… lieber Freund - bei allem Respekt - ihr kennt mich doch nun wirklich besser! Gestern blond, heute rot, morgen brünett… und davon abgesehen… kann mir diese grässliche Kratzbürste ohnehin gestohlen bleiben", ergänzte er leichthin amüsiert lachend…und zeigte auf das Veilchen. "Sie ist schneller vergessen als… ", dann aber riss er sich zusammen und sagte ihnen das, was sie hören wollten: "Ja, mein Truchsess, selbstverständlich!"


    Dann horchte er in sich hinein. Eloquent, makellos und… glaubwürdig… wie immer.


    Dabei konnte er den Truchsess ja sogar irgendwie verstehen. Immer musste er an Axtfels denken und was am Besten für Land und Imperium war. Da war er ja auch wirklich an seiner Seite… aber… diese Livven… Was konnte das denn für eine Rolle spielen? Und was war mit Finsterwalde… wirklich?


    Manchmal verstand Rafael die Welt nicht, aber er meinte zu spüren, wie sein Herz zerbrach… und die Scherben fielen zu Boden und beim darüber laufen knirschten sie wie Harsch und Frost am frühen Morgen… Dann wurde ihm klar, was er da für einen Stuss dachte… und verdrehte die Augen. Was war nur mit ihm los?
    http://www.youtube.com/watch?v=85o7cEsb4ug


    Er schaute jetzt zu Kaldor und wartete, was er in der Angelegenheit noch hinzuzufügen hatte…

  • Balduin war ein wenig irritiert von Rafaels Reaktion und überhörte absichtlich die ersten Worte seines Freundes.

    Richtig, morgen vormittag findet die Verkündung statt.
    Rafael, mir ist es egal wie Du Abstand zu dieser Frau gewinnst, aber lass die Finger von ihr!
    Wenn Kaldor nichts mehr hinzuzufügen hat, können wir zurück in den Festsaal gehen und mit den Gästen feiern.

    Das genügte für den Moment, fand Balduin. Alle Unklarheiten waren beseitigt und das Notwendige in die Wege geleitet.
    Beide warteten nun auf Kaldors Reaktion.

    [align=center]Balduin vom Dunkelsee, Herold des Ankoragahnischen Imperiums,
    Gewinner des Bogenschützenturniers in Mythodea,
    mit dem Leitspruch:
    "Honni soit qui mal y pense"

  • Kaldor sah Rafael an, doch der hatte längst verstanden.
    „Na schön, ich merke… euch beiden geht es hier um viel viel mehr, als nur um die Frage der Lehensvergabe. Versprecht mir, dass ihr… sachlich bleibt, ja? Das halbe Imperium schaut dieser Tage nach Valensdorf und auf die Entwicklungen, die von hier ihren Anfang nehmen…“


    Dann verabschiedete sich Rafael höflich aber kurzangebunden und verließ den Besprechungsraum.
    Endlich war er dem stillen Kämmerlein entkommen. So viel Zeit… dem erstbesten Stuhl versetzte er einen ordentlichen Tritt und fluchte leise vor sich hin.
    Im großen Saal angekommen, hatte er sich wieder im Griff. Lächelnd stand er an der Ehrentafel, fand sie aber zu seinem bedauern leer vor. Nur zu gerne hätte er jetzt mit Shananeya gesprochen, sich von ihrem Spot und frechen Bemerkungen aufheitern lassen. Doch die attraktive Kameradin war nirgends zu sehen.


    Missmutig sah sich Rafael um. In der großen Halle waren die Tische zur Seite geschoben worden und der Tanz war im vollen Gange. Und das Erste, was er sehen musste, war „Fräulein“ Livven, in enger Umarmung mit irgend so einem adeligen Vollidioten. Rafael knurrte, maß sie mit Blicken…


    …und fasste dann einen Entschluss.


    Die niedliche, blonde Schreiberin, welche gestern das Verhandlungsprotokoll verfasst hatte, saß etwas abseits und beobachtete ebenfalls das Tanzgeschehen neidvoll. Rafael lächelte sie über die Entfernung an und sie fing seinen Blick auf… und begann zu strahlen! *hach!*
    Der Bärheimer drängte sich durch die tanzende Menge, lehnte sich dann lässig auf ihre Stuhllehne und zu ihr hinab… dann hauchte er zart durch ihre langen, blonden Haare: "Was habe ich euch vermisst…", wobei er ein spöttisches Lächeln kaum unterdrücken konnte.
    "Oh, Herr Rafael, wie schön… ich bin so aufgeregt…", entgegnete das anmutige Fräulein entflammt. "…können wir… ich meine… wollen wir tanz…", der Rest des Geplappers ging in Rafaels heißem Kuss unter.


    Und Kalkül…
    Rafael hatte die Tür am hinteren Ende des Saales keine Sekunde aus den Augen gelassen. Als Balduins Berater und Stellvertreter Phileas Wiesengrund die Halle betrat und er sicher war, dass er just zu ihm schaute, drückte er dem Dummchen einen Kuss auf die Wange…
    Das Fräulein dreht sich zu ihm, schlang die Arme um Rafaels Hals und flüstere draufgängerisch: "Ihr könnt ALLES von mir haben, Herr Rafael… " Er musste dabei fast lachen und entgegnete: "Nicht viel weniger hatte ich erwartet, mein schönes Blümchen… dann reicht mir bitte für den Anfang geschwind Tintenfass, Feder und Pergament!". Verdutzt griff die Schreiberin ihn ihre Umhängetasche und legte das Gewünschte auf den Tisch. Rafael schrieb drei Worte in eine Ecke, riss dieses Stückchen dann vom Bogen ab, pustete es trocken und faltete es. "Danke, Liebste… leider ich habe noch schrecklich wichtige Dinge zu erledigen… mit dem Truchsess und so… könnte später werden…". Dann verbeugte er sich galant, küsste noch einmal zart ihre Hand und ließ sie sehnsuchtsvoll stehen.


    Soweit so gut… Rafael steuerte jetzt auf den Ausgang zu. Als er Livven passierte, ließ er den Zettel fallen. So dass sie es bemerken musste. Dann griff er sich im Vorbeigehen von einem der Tische zwei Becher und einen versiegelten Weinkrug. Als er an der Garderobe angekommen war, fragte er sich allerdings zurecht, ob das Luder überhaupt lesen konnte… aber vielleicht kannte sie ja jemanden… Völlig in Gedanken wäre er fast mit Asunder Eisenwinter zusammengestoßen. Wieder kassiert er einen missfälligen Blick… :)

  • Klirr


    Asunder blickte auf die Scherben zu ihren Füßen, hinauf an einem Paar makelloser Stiefel, ebensolcher Hosen, Wams und . . . ihr Augen wurden schmal, allerdings nur für einen Moment.


    „Herr von Bärheim“, sie lächelte, allerdings nicht im geringsten so raubtierhaft, wie sie es schon anderen in seiner Anwesenheit entgegengebracht hatte.
    „Ich denke, wirklich kennen gelernt haben wir uns noch nicht. Da hat meine Begleiterin mir gegenüber wohl schon einen kleinen Vorteil. Ich“, sie hob eine Hand, um ihn um einen Moment Geduld zu bitten, während sie sich hinhockte, und die Überreste ihres Bechers vom Boden aufhob, bevor sie sich wieder erhob und fortfuhr, „. . . freue mich jedenfalls, das auch wir die Gelegenheit bekommen, das ein oder andere Wort zu wechseln, insofern es Eure Zeit erlaubt?“


    Es war nicht wirklich eine Frage und so deutete sie mit den scharfkantigen Splittern in der Hand auf den Gang, ein wenig abseits vom Trubel der Feier.


    „Ich hoffe, es geht Euch nach dem Ausflug in die Hafentaverne gut. Nachdem diese beiden Lichtbrüder Euch offenbar verfolgten, und Euch offensichtlich selbst im Burghof noch auflauerten, war ich, auch, wenn es Euch vielleicht verwundert, etwas in Sorge. Ich meine, nicht, dass Ihr mit solchen Dingen nicht fertig werden würdet. Ihr seid mit dem Schwert schnell wie eine Viper, wie ich sehen durfte, und mutig wie ein“, sie zögerte, fast unmerklich, „Löwe, wenn Ihr Euch mit Livven einlasst. Allerdings scheinen mir diese Ordensbrüder nicht gerade die größten Verfechter ritterlicher Tugenden zu sein.“


    Sie blieb vor einem der Fenster stehen. Scheinbar in Gedanken blickte sie nach draußen in die Nacht, die Arme hinter dem Rücken verschränkt und drehte eine Scherben zwischen den Fingern.


    „Herr von Bärheim, ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich vieles, was für Euch normal scheint, nicht begreife. Und ich brauche daher Euren Rat. Warum meine Wahl auf Euch fällt? Die Antwort ist simpel. Balduin vertraut Euch. Und Livven ist fasziniert von Euch. Es scheint mir genau die richtige Mischung für eine sinnvolle Antwort zu sein.“


    Sie wandte ihm den Kopf zu.


    „Ordensmeister Maghnus drohte mir und den meinen vor aller Augen mit dem Tod. Gleich wie die Entscheidung des Truchsesses aussehen mag, was das Lehen Finsterwalde betrifft, es ist . . . irritierend, so etwas hinnehmen zu müssen, ohne Konsequenzen zu sehen. Erwartet man meine Eigeninitiative? Ich mache mir viele Gedanken darum. Nicht um meinetwillen, es ist nicht das erste Mal, dass man mir mit dem Tode droht. Aber meine Gefährten, meine Familie . . .“ Sie knurrte leise und wusste, dass sie den Satz nicht zu Ende bringen musste.


    „Maghnus begrüßte Euch als Freund – und vielleicht ist auch das ein Grund, warum ich von Euch gern hören würde, wie Ihr an meiner Statt reagieren würdet. Und . . .“


    Sie lehnte sich an die Mauer neben dem Fenster.


    „Es interessiert mich brennend, was Ihr mit Livven im Schilde führt. Ich halte ein Versprechen ihrem Bruder gegenüber, ein Auge auf sie zu haben. Und Ihr merkt sicherlich, dass sie eine Frau ist, bei der ich beide offenhalten müsste, wenn ich es könnte. Unmöglich in meiner Situation. Ich suche also . . . Antworten und hoffe, endlich auch welche zu erhalten, nach dem mir die Lichtbrüder schon so viele schuldig blieben.“


    Everyone's a whore
    We just sell different parts of ourselves.





    [T.Shelby -PB]

  • Rafael schaute Asunder Eisenwinter perplex an.
    Das hatte er nicht erwartet.
    Was? Eigentlich alles… und ihm wurde bewusst, dass er Asunder vollkommen falsch eingeschätzt hatte.


    Auf den ersten Blick hatte der Bärheimer gestern in ihr nur die energische Kriegerin gesehen, die sich vermutlich gnadenlos durch splitternde Knochen und spritzendes Blut in die feindlichen Schlachtreihen hineinfräste. Aber ihre entwaffnende Offenheit und Ehrlichkeit gerade war sehr einnehmend und Rafael musste ihr dafür Respekt zollen.


    Er kannte andere Orden und ihre Anführer. Nicht zuletzt liebte und verehrte er die Dsar, welche dem Rytsar-Orden vorstand… aber ohne mit der Wimper zu zucken tausende junger Männer und Frauen an der Wiznirod-Front verbluten ließ, um irgendwelche unbedeutende Vorposten im Nirgendwo zurückzuerobern. Dass sich Eisenwinter tatsächlich um ihre Leute scherte, fand Rafael bemerkenswert und er konnte sie jetzt unmöglich mit unverbindlichem, diplomatischem Larifari abspeisen.


    Rafael blickte der Ordensmeisterin der Reinigenden Flamme tief in die Augen… und nickte ihr zu. „Ich danke für euer Vertrauen und freue mich, euch endlich einmal direkt zu sprechen. Achja… das kleine Abenteuer in der Taverne war...amüsant… und… prägend.“, meinte er lächelnd und zwinkerte mit dem Veilchen. „Dass ich auf dem Rückweg verfolgt wurde, hatte ich zwar bemerkt, aber ich hätte nicht angenommen, dass jemand so dumm sein würde, einen offenen Angriff zu wagen. Zumindest nicht vor dem Ende der Verhandlung. Eure Darlegungen um Finsterwalde waren übrigens gut strukturiert und einleuchtend. Und ihr scheint recht gute Berater zu haben… vermutlich… Livven, nicht wahr?“, grinste Rafael keck.


    „Was die Bruderschaft des Lichtes und Reichsritter Maghnus von Cadyern angeht…“, Rafael warf die Stirn in Falten und suchte nach den passenden Worten, was ihm sichtlich schwer fiel. „Sie hatten eine schwierige Zeit. Und es wird für sie sicher nicht gerade einfacher. Natürlich entschuldigt das nicht ihr Vorgehen und die Drohungen gegen euch und die euren, verehrte Asunder, aber um Axtfels´ willen bitte ich um eure Nachsicht.“


    Rafael überlegte, warum er gerade für die Lichtbrüder eine Lanze brach, dann aber wurde ihm klar, dass zumindest ER seine Freundschaften nicht von Tagesform oder Wetterlage abhängig machte. „Maghnus hat sich verändert. Er ist in diesen Tagen schwierig, griesgrämig und missmutig. Und was die ritterlichen Tugenden angeht, wird er sicherlich beweisen, dass er nicht nur den „Reichsritter“ dem Titel nach führt, sondern diesen auch ehrenhaft mit Leben füllen kann. Mit Güte, Freundlichkeit und allem was der Codex sonst verlangt. Zudem… ist Maghnus klug genug, ein kein offen angekündigtes Verbrechen zu begehen. Das könnte letztlich zum Verbot seines Ordens im Imperium von Ankoragahn führen. Vom Verlust von Kopf und Titel ganz zu schweigen. Und gekaufte, gedungene Mörder? Nein, eine so unehrenhafte Tat traue ich im nicht zu. Immerhin ist es ein Orden DES LICHTES… Das würde sonst vieles in Frage stellen… Außerdem vertraue ich darauf, dass es dort auch besonnene Brüder gibt… “, meinte Rafael nachdenklich.


    Asunder zog eine Augenbraue hoch und warf ihm einen recht skeptischen Blick zu.


    „Was aber das Fr… die Dame Livven angeht… Eure Sorge ehrt euch….“, meinte Rafael und fragte sich, wie offen er jetzt sein dürfe.
    „Ich glaube, ihr spielt auf meinen zweifelhaften Ruf an, nicht wahr? Die halbe Welt glaubt mich zu kennen und mich simpel mit dem Wort „Schürzenjäger“ passend zu beschreiben. Ach, wie leicht. Und… ganz ehrlich? Ich halte dieses Bild allzu gern aufrecht, da niemand anschließend weiter hinterfragt, was ich tatsächlich denke oder mache. Und Livven… also…“
    Rafael schaute sich auf dem Gang um, trat dann dicht zu Eisenwinter… ihr Haar duftete nach Kastanien und… Waffenöl…
    und flüstere ihr etwas ins Ohr… worauf Asunder ihn lange ansah… und dann lachend schwer amüsiert den Kopf schüttelte. 8)

  • Den Rest des Tanzes blieb ihr Partner gar gesittet brav ~und schwieg wieder, auch wenn Livven in seinen Augen sehen konnte, wie schwer es ihm fiel. Dennoch blieb sie hart. Sie wollte tanzen und nicht den letzten Klatsch hören. Zudem hatte Asunder ihr bereits erzählt, was sie über von Bärheim herausgefunden hatte. Und das dies nicht der vollen Wahrheit entsprach, hatte er selber bereits bewiesen. Und er bewies sich weiter, als sich die Türe zu Balduins Gemach öffnete und Rafael heraustrat. Vielleicht war es nur das Licht des Saales, vielleicht auch nicht, doch die Alchemistin konnte ein verglimmendes Glitzern in seinen Augen ausmachen. Irgendetwas war in diesem Raum geschehen. Und es gefiel von Bärheim nicht.


    Wie gerne wäre sie dem Grund nachgegangen, doch ihr Tanzpartner zog sie augenblicklich näher an sich heran. Scheinbar hatte auch er Rafael bemerkt. Livven schmunzelte und erwiderte von Bärheims Blick lediglich mit einem kessen Heben ihres Kinns ~auch wenn sie ihn weiter im Auge behielt und seine kleine Theateraufführung nur zu genau verfolgte. Ob es sie eifersüchtig machte? Nun definitiv nicht auf das Verhalten der Schreiberin, die ihn wohl am liebsten direkt unter den Tisch gezogen hätte...


    „Ich habe es Euch gesagt,“ mischte sich nun doch ihr Tanzpartner ein und die Dunkelhaarige seufzte. Männer nahmen sich stets für so wichtig. „Er sollte Eure Ehre wahrlich nicht so mit seinen dreckigen Stiefeln treten! Er...“ Gerade als er sich in Rage reden wollte, trat Rafael auf sie zu und er verstummte. Wohl wahrlich nicht der Mutigste. Adelige halt. Das kannte sie ja schon. Was sie allerdings irritierte war das Zettelchen, das von Bärheim zu ihren Füßen fallen ließ und das sie schnell unter ihren Schuh verschwinden ließ, damit niemand auf dumme Gedanken kam. Zu ihrem Glück legte nun auch die Musik eine Pause ein und auch wenn ihr Tanzpartner sie auf einen gemeinsamen Wein einladen wollte, so lehnte sie rasch ab. Zu groß war ihre Neugierde, als sie sich bückte und unter den Vorwand, die Schnallen ihrer Schuhe gerade zu rücken, das Papierchen unbemerkt in ihre Hand verschwinden ließ.


    Sich eilig entschuldigend, hielt man sie allerdings doch auf. „Ihr wollt ihm doch nicht nach, oder?“ Livven lachte. „Er mag vielleicht dreckige Stiefel haben, doch er ist wenigstens mutig.“ Sie drehte sich um und entfaltete den Zettel. Doch dann wandte sie sich noch einmal an den Mann hinter sich. „Zudem solltet Ihr Euch keine Sorgen um meine Ehre machen. Den Kampf hat bereits mein Bruder verloren.“ Ihm noch einmal zu zwinkernd war sie bereits aus dem Saal bevor er seine Sprache überhaupt wiedergefunden hatte.